Page 346 - Dusan Baiski - Cenad (studii monografice)
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Dușan Baiski
puter, kann ich die Dokumente immer wieder heranziehen. Andererseits gebrauchte
ich auch andere Informationsquellen, aber in geringerem Maße. Einige Daten erhielt
ich aus Deutschland und Serbien, wo Leute mir Dokumente aus dem Deutschen, Un-
garischen und sogar Lateinischen übersetzten und zukommen ließen.
Welche wären, Ihrer Meinung nach, drei interessante Aspekte, die in
diesem Buch behandelt werden? Etwas, was Sie gar nicht erahnt hätten.
In erster Linie die Tatsache, dass in Tschanad keine großen interethnischen
Konflikte stattgefunden haben, also Sachen, die von dem lokalen Gendarmenpos-
ten behandelt worden wären. Im Vergleich zu anderen Ortschaften, wo immer eine
gewisse Ethnie die Mehrheit bildete, gab es in Tschanad diese Mehrheit nicht, auch
wenn die Rumänen zahlreicher waren. In Tschanad gab es ein interessantes Gleichge-
wicht, Tschanad war eine Art Schweiz. Damals gab es, in etwa in der selben Anzahl,
Rumänen (mehr), Deutsche, Serben und Ungarn. In zweiter Linie, obwohl in Krieg-
szeiten die Serben die Deutschen schlecht leiden konnten, wegen des Verhaltens der
deutschen Armee in Jugoslawien und des Einzugs der Tschanader Deutschen in die
SS-Abteilung „Prinz Eugen” aus Bela Crkva (heute in Serbien), merkte ich mir zwei
interessante Sachen: Der römisch-katholische Pfarrer aus Tschanad, ein Schwabe,
wurde von dem serbischen Pfarrer vor den Schüssen der Sowjets gerettet. Während
der Kämpfe zwischen Deutschen und Sowjets auf den Straßen von Tschanad gerieten
Schwaben und Serben aus Tschanad in ein Versteck. Als deutsche Soldaten here-
inkamen, zogen alle schnell deutsche Mützen an. Als Sowjets hereinkamen, wurden
von allen serbische Mützen aufgesetzt. Es gab einen paradoxen Zusammenhalt in
jenen Augenblicken. Und drittens, nachdem sie aus der Armee Titos zurückkehrten,
rächten sich die etwa 20 Serben gegen niemanden. Es gab ständig Drucksituationen,
schwerere oder leichtere, aber keine artete in etwas Schlimmes aus. So musste die
Polizei nicht eingreifen und die Ereignisse in offiziellen Dokumenten verzeichnen.
Wer sollte, Ihrer Meinung nach, dieses Buch lesen?
Jeder sollte es lesen. Und ich sage Ihnen auch, warum. In Büchern über jüngste
Geschichte spricht man über viele Sachen, aber nicht über die Realität jener Zeiten.
Weil es in jenen Studien gar nicht bis kaum um Menschen geht. In meinem Buch gibt
es jede Menge Ereignisse, auch kleinere, in denen es um Menschen geht. Um ehrlich
zu sein, habe ich mir schon Gedanken darüber gemacht, auch ein Literaturbuch zu
verfassen.
Ausgewanderte „Söhne Tschanads” wenden sich an Sie über Facebook, um an
das Buch heranzukommen. Welches Feedback haben Sie nach der Buchpräsentation
erhalten?
Das Buch wurde vom Kommunalrat und dem Bürgermeisteramt Tschanad
finanziert. Die rumänische Gesetzgebung verbietet es, Profit aus Aktivitäten
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